Geht doch!
Erst der dritte Blog-Eintrag und schon ein Outing: Ja, ich gebe es zu – ich schaue Musotalk. Ab und zu, und nur zur Entspannung. Machen wir doch alle 😉
Eine Behauptung die da immer wieder mal in den Raum geworfen wird, ist die Sache mit Apples iPad und dem Zweifel daran, damit ernsthaft Songs erstellen zu können.
Die etwas professionelleren Musotalk-Gäste rümpfen gerne mal die Nase und äußern, dass das iPad als spezieller Controller durchaus seine Berechtigung hat, aber wohl niemand auf die verrückte Idee käme, ganze Songs damit zu produzieren. Wie oben zu hören, kam ich schon mehrfach auf diese „verrückte“ Idee und bin auch bestimmt längst nicht der einzige.
Meiner Meinung nach ist diese Aussage nämlich nicht sehr differenziert: Klar, wahrscheinlich niemand würde auf die Idee kommen mit einem iPad aufwendige Orchester-Filmmusiken zu machen oder eine Rockband aufzunehmen, was wahrscheinlich schon am begrenzten Speicherplatz liegen dürfte. Auch nicht verschweigen kann man, dass brauchbare Mehrkanal-Audiointerfaces für das iPad eher Mangelware sind, aber es gibt welche.
In den eher elektronischen Stilrichtungen hat das iPad meiner Meinung nach aber zur Musikproduktion seine Berechtigung und kann durchaus eine Alternative zu den üblichen Möglichkeiten und Arbeitsweisen sein. Gerade ältere Semester wie ich (Generation C64) dürften sich noch an Zeiten erinnern, wo man mit Speicherplatz, Stimmen und Rechenleistung noch haushalten musste. Samples – wenn überhaupt möglich – waren nicht elastisch und haben sich somit nicht in Echtzeit an das Tempo des Songs angepasst. Total Recall kannte man höchstens durch Arnie…
Da frage ich mich dann schon warum ein iPad das ein vielfaches an Speicher und Rechenleistung zur Verfügung stellt, nicht auch zur elektronischen Musikproduktion geeignet sein soll. Die bessere Frage wäre vielleicht warum man sich das – angesichts der heutigen, unendlichen Möglichkeiten – antun sollte. Eine mögliche Antwort: Aufgrund der heutigen, unendlichen Möglichkeiten! Schon immer haben Einschränkungen die Kreativität gefördert, aber angesichts der kreativen App-Flut passt dieses Argument ja fast auch schon nicht mehr.
Ein weitere Antwort könnte sein, dass ein Multitouch-Screen bei einem Tablet (nicht zwangsläufig ein iPad) durchaus ein gutes Eingabewerkzeug abgibt, das – ein gutes Benutzer-Interface vorausgesetzt – ein Arrangement leichter entstehen lässt, wie beim üblichen Arbeiten mit Tastatur-Shortcuts und „Mausgeschubse“ (bleibt natürlich Geschmackssache).
Mir selbst hat dabei sehr die etwas in die Jahre gekommene App nanostudio gefallen. nanostudio bietet eigentlich so ziemlich alles was man braucht wenn man auf streamende Audiospuren verzichten kann. Samples liegen ganz „oldskool“ auf den Pads der integrierten MPC-artigen Drummaschine oder man lädt ein Sample in den eher Nord Lead-artigen Synthesizer und kann dann noch umfangreicher nachbearbeiten. Samplen inclusive Schneiden und Nachbearbeitung geht direkt in der App.
Es gibt die üblichen Echtzeit-Klangbearbeitungen und Effekte wie EQ, Verzerrer, Compressor, Modulations-Effekte, Delay, Hall. Das ganze ähnelt Reason in seiner ersten Version, klingt aber eher besser. Es stehen je nach Kauf fünf oder 16 Spuren zur Verfügung und das wars.
Aufgenommen wird das alles in Echtzeit oder via Step-Programmierung in den integrierten Sequencer, der sich mehr oder weniger wie Logic, Cubase o.ä. ohne Audiospuren anfühlt. Ich persönlich finde das Benutzer-Interface sehr gelungen – Clips kopieren, editieren, Bereiche auswählen verschieben, Automation – alles geht sehr intuitiv und schnell.
Da ich nur über ein iPad2 verfüge, habe ich mich App-mäßig aktuell längst ausgeklinkt. Mittlerweile gibt es Steinberg Cubasis, WaveMachine Auria, KORG Gadget und vieles mehr womit die Möglichkeiten nicht gerade geringer geworden sind. Dazu kommen einzelne Apps die neue Ansätze von Klangsynthesen ermöglichen, Inter-App Kommunikation uvm.
Leute was wollt ihr mehr?
…schrieb es und verzog sich in seinen Hardware-Syntesizer Park 😉